Der Anthroposophische Ansatz

in der Psychosozialen Kunsttherapie

Copyright by Astrid Kampowski und Mareen Cordes


(Astrid Kampowski) Die Psychosoziale Kunsttherapie orientiert sich ebenfalls an den Grundgedanken der anthroposophischen Lehre. Die Anfänge der Anthroposophischen Kunsttherapie lassen sich bis in die 1920er Jahre zurückverfolgen. Entwickelt wurde diese Art der Therapie durch ein Zusammenwirken von Ärzten und Künstlern. Wichtige Begründer und Begründerinnen waren in diesem Zusammenhang Dr. Margarethe Hauschka, Dr. Ita Wegman und Rudolf Steiner.

 

Neben der Grundlage in der anthroposophischen Medizin bezieht sich die künstlerisch-therapeutische Arbeit im Kern auf das anthroposophische Menschenbild Rudolf Steiners. Der Begriff Anthroposophie ist abgeleitet aus dem Griechischen, „anthropos“ steht für „Mensch und „sophia“ für Weisheit und bedeutet wörtlich „Weisheit vom Menschen“. Steiners Menschenbetrachtung geht seine anthroposophische Geisteswissenschaft[1] voran, eine von ihm begründete Erkenntnismethode, in der der individuelle Mensch durch Entwicklung einer Erkenntnisfähigkeit zu einem höheren geistigen Bewusstsein gelangt.[2]

Steiner unterteilt den Menschen zum einen in ein dreigliedriges Wesen und im Weiteren in vier Wesensglieder. Die Dreigliederung besteht aus Körper, Seele und Geist, und orientiert sich an den funktionellen Einheiten des Menschen. Ihnen werden die seelischen Eigenschaften des Denkens, Fühlens und Wollens zugeordnet. In der künstlerischen Therapie lassen sich diese Bereiche beispielsweise in Zeichnen (Denken), Malen (Fühlen) und Wollen (Modellieren) unterteilen.[3]

Die Viergliederung geht tiefer in den spirituellen Bereich. Sie besteht aus dem physischen Leib, der rein organisch ist, dem Ätherleib als feinstofflichen Energiekörper, dem Astralleib, der den Seelenleib und die Empfindungsseele vereint[4] und der ICH-Organisation als geistigen Leib. Dieser bezeichnet das ICH und wird als „wahre Wesenheit“ [5] von Steiner hervorgehoben. Alle vier Wesensglieder stehen in Wechselwirkung zueinander, die seelischen Kräfte mit den körperlichen Funktionen und die geistigen Denkprozesse beispielsweise mit den seelischen Kräften.[6] Im gesamten Körper finden aufbauende und abbauende Prozesse statt. Im künstlerischen Schaffen kann somit der Seele Ausdruck verliehen werden oder auch durch die Verbindung zum ätherischen Leib diagnostische Beobachtungen über den Gesamtzustand des Menschen in Erfahrung gebracht werden.

 

(Mareen Cordes) Diese Menschenkunde bildet das Fundament der Anthroposophischen Kunsttherapie, die sich mit den Beziehungen, Wirksamkeiten und Gesetzmäßigkeiten zwischen Mensch und Kunst beschäftigt.[7]

 

Um zunächst ein grundlegendes Verständnis zu vermitteln, was unter Anthroposophischer Kunsttherapie verstanden werden kann, soll nachfolgendes Zitat behilflich sein.

 

„Anthroposophische Kunsttherapie unterstützt und aktiviert die schöpferischen Potenziale des Menschen im Körper zum Ausgleich von Krankheitserscheinungen, zur Entwicklung der Persönlichkeit und zur ressourcenorientierten Stabilisierung und Neuorientierung. Die therapeutische Anwendung der Künste ist eine gezielte, direkte Aktivierung der leib- und bewusstseinsbildenden Selbstheilungskräfte. Nicht auf das Bild kommt es an, sondern auf den Prozess seiner Entstehung und die ihn begleitenden Erlebnisse und Gefühle.“[8]

 

Die Anthroposophische Kunsttherapie wurde aus der praktischen Arbeit mit Patienten heraus entwickelt und ermöglicht den betroffenen Menschen ein unmittelbares Mitgestalten an ihrem eigenen Heilungsprozess.[9] Durch das eigene künstlerische Tun wird der Mensch mit all seinen Sinnen und in seiner gesamten Wesentlichkeit auf körperlicher, ätherischer, seelischer und geistiger Ebene angesprochen, die Wahrnehmung wird geschult, er kann mehr Freude empfinden und wieder mehr zu sich selbst, in seine eigene Mitte und somit in sein Gleichgewicht finden.[10] Durch das Anwenden Anthroposophischer Kunsttherapie wird der Mensch selbst schöpferisch tätig. Er setzt sich gestalterisch mit seiner Krankheit auseinander, was dazu führt, dass in ihm Selbstheilungskräfte aktiviert werden. Er wird in die Lage versetzt seine eigenen Krankheitstendenzen zu erkennen und diese aktiv in gesunde Zukunftspotenziale umzuwandeln.[11]

 

Innerhalb des künstlerischen Prozesses werden unterstützend und gezielt bestimmte Farben und Formen eingesetzt, da ihnen unterschiedliche Wirkungsweisen auf das Wohlbefinden des Menschen zugesprochen werden. Beispielsweise kann der Einsatz von Farben im Rahmen der Malerei auf den Menschen befreiend und lösend wirken, wohingegen Formen in der Regel als haltgebend und sicherheitsspendend empfunden werden.[12]

 

Nach dem Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e. V. (BVAKT) kann die Anthroposophische Kunsttherapie in die fünf Fachbereiche Plastik, Malerei, Musik und Sprachgestaltung unterteilt werden. Innerhalb dieser Bereiche können verschiedene Verfahren, Methoden und Arbeitstechniken mit unterschiedlichen Wirkungsweisen Anwendung finden.

 

Verfahren

1.     THERAPEUTISCHES MALEN (Astrid Kampowski) 

 

Beim therapeutischen Malen werden unterschiedliche Malmethoden und Arbeitstechniken angewandt. Das Zusammenspiel und die Wirkung der Farbe spielen eine zentrale Rolle, gerne wird daher mit Wasserfarben (Aquarell) gearbeitet.

 

Durch das Arbeiten mit Farbe werden seelische Empfindungen ausgedrückt und innere Empfindungen hervorgebracht.[13] Das Gestaltete kann unmittelbar erlebt werden. Der Umgang mit Farbe fördert die Entspannung und unterstützt den Körper in ein Gleichgewicht zwischen aufbauenden und abbauenden Kräften zu gelangen.[14] Mittels gezielter Übungen können Verhärtungstendenzen gelöst und Entzündungsprozesse eingedämmt werden. Farben regen Bewegungen an, vermitteln Ruhe und Konzentration. Das Malen fördert die rhythmische Funktion des Ein- und Ausatmens und gilt als atembefreiend.[15]

 

Das Malen wird in der Therapie zur Stärkung der selbstregulierenden Fähigkeiten, zur emotionalen Stabilisierung, Verbesserung der Selbstannahme und Stärkung der Selbstverantwortlichkeit angewendet. Es kann dem/der Patienten/Patientin neue Perspektiven eröffnen.[16]

 

Methoden

1.1 Aquarell

Das Arbeiten mit Aquarell unterstützt die Entspannungsfähigkeit, die Wahrnehmungsfähigkeit und das eigene seelische Erleben werden sensibilisiert.[17]

Der Gebrauch und die Wirkung der Farbe spielen eine entscheidende Rolle, einige Farben wirken beruhigend (z. B. blau), andere wiederum beleben den Stoffwechsel (z. B. gelb oder orange). Durch das Beobachten und Fließen lassen der Farben erlebt und verinnerlicht der/die Patient/in die Farbstimmungen in ihm/ihr selber. Über das Seelische beeinflusst es auch die leiblichen Vorgänge[18] und kann so dabei behilflich sein, neue Perspektiven und Ziele zu finden.

Beim Aquarell werden zwei Arbeitstechniken angewendet, die hier kurz vorgestellt werden.

 

A) Nass-in-Nass

Technik:

Das Papier wird befestigt und zunächst mit einem Schwamm angefeuchtet. Im Anschluss werden mit einem breiten Pinsel Farbflächen angelegt, der/die Patient/in beobachtet wie die Farbe fließt und ihren eigenen Weg geht. Die Farben bleiben beweglich und Übergänge entstehen.

Indikationen:

Das Loslassen im Aquarell wirkt auch befreiend auf den/die Patienten/Patientin, es führt zu Entspannung und bewirkt Freude und Lebensmut.[19] Es wird bei psychischen und physischen Verhärtungen angewandt.[20]

 

Beispiele: Eigene Aquarelle



B) Nass-in-Trocken

Technik:

Hier wird auf trockenem Papier gearbeitet. Das Bild entsteht durch die vielen Farbschichten, die nach Trocknungsphase der Farben nach und nach aufgetragen werden. Der Prozess vollzieht sich sehr langsam und erfordert Geduld von dem/der Patienten/Patientin. Die Arbeit am Bild zwingt zu genauerem Hinsehen.[1]

 

Indikationen:

Diese Technik wirkt bewusstseinsfördernd, weckt subtile Gefühle und der/die Patient/in lernt durch den Betrachtungsmoment am Bild selber Abstand zu gewinnen.[2] Es wird bei psychischen und physischen Verhärtungen angewandt.[3]

 

Beispiel: Eigene Aquarelle

 

[1] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 1, Methodenblatt Malen mit Wasserfarben-Aquarell auf trockenem Papier, Ascol-College, 2020.

[2] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Stuttgart, Urachhaus Verlag, 1988, S. 43.

[3] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 1, Methodenblatt Malen mit Wasserfarben-Aquarell auf trockenem Papier, Ascol-College, 2020.



1.2 Pastellmalerei

Das Arbeiten mit Pastellkreide wird angewandt bei Menschen, die durch das Malen mit Wasserfarben keinen Halt finden können.[1] Durch den langsamen Entstehungsprozess und die enge Verbindung zum Papier erfährt der/die Patient/in hier diesen Halt. Die zarten Farbnuancen, die entstehen, sorgen für Wärme und wirken beruhigend auf den Astralleib.[2] Der Pastellstaub erinnert an Blütenstaub, signalisiert Leichtigkeit[3], bringt Freude, Lebensmut und sorgt für Entspannung.

 

Technik:

Die Pastellkreide wird auf den Handballen aufgetragen und dann in die Oberfläche des Papiers eingestreichelt. Dieses geschieht zunächst mit dem Handballen, dann mit den Fingerspitzen. Das Papier färbt sich langsam mit dem Staub, der Patient arbeitet die Farbe durch das Verreiben in das Papier ein und nimmt so eine Beziehung zum Papier auf.[4]

 

Indikationen:

Die Arbeit mit der Pastellkreide soll zur Sensibilität und Beziehungsfähigkeit beim Patienten anregen. Sie wird angewandt bei Menschen mit physiologischen Gleichgewichtsstörungen, Akne, Neurodermitis, Asthma, Koliken oder Nierenerkrankungen.[5]

Beispiele: Eigene Pastelle

 


[1] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Stuttgart, Urachhaus Verlag, 1988, S. 43.

[2] Vgl. https://kunsttherapie-witten.jimdofree.com/kunsttherapieangebot/, 11.07.2021,16:25 MEZ.

[3] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 1, Methodenblatt Pastellzeichnen, Ascol-College, 2020.

[4] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 1, Methodenblatt Pastellzeichnen, Ascol-College, 2020.

[5] Ebd.


1.3 Das Farbgespräch

Das Farbgespräch ist eine nonverbale Unterhaltung mittels Farbe und an den Farbdialog von Bruno Huber angelehnt. Er ist in drei Varianten, alleine, zu zweit (als Paar-Dialog) oder als Gruppen-Dialog umsetzbar. Mittels der Interaktion durch das Gemalte treten die Menschen in einen Diskurs. Das Farbgespräch hilft dort, wo Worte nicht mehr weiterhelfen können.[1] Seelische Vorgänge lassen sich durch das Medium Farbe leichter kommunizieren und bewältigen. Das Farbgespräch kann unterstützen, leichter mit anderen in Kontakt zu treten, sich zu öffnen und eine innere Stabilität zu gewinnen.[2]

 

Technik:

Es wird mit Fingermalfarben gearbeitet, die direkt mit Fingern oder Händen auf den gemeinsamen Maluntergrund aufgetragen wird. Abwechselnd wird eine Farbe gewählt und aufgetragen. Es wird bei dieser Arbeit nicht gesprochen, sondern nur mittels der Farbe kommuniziert. So entsteht nach und nach eine Kommunikation durch das gemalte Bild. Die Gruppe oder das Paar bestimmt selber, wann das Gespräch beendet ist und tritt anschließend in einen Dialog über das Gemalte.

 

Indikationen:

Bei Kindern kann das Farbgespräch dazu beitragen, sich von Ängsten zu lösen und Hemmungen abzubauen. Es unterstützt bei Leserechtschreibschwierigkeiten (LRS), Legasthenie oder bei Verhaltensauffälligkeiten wie ADHS.[3] Bei Erwachsenen dient es der Lösungsfindung, ist gut für Paar- oder Gruppenkonflikte. Es fördert die Sozialkompetenz, hilft bei Krisen, in Ängsten und Motivationstiefs, aktiviert Ressourcen und kann helfen, Blockaden zu lösen.[4]

 

Beispiele: Eigene Bilder

 


[1] Vgl. https://www.praxis-koenig.com/was-ist-farbdialog, 11.07.2021,17:05 MEZ.

[2] Vgl. http://www.sundra.eu/malen-im-dialog, 11.07.2021,17:15 MEZ.

[3] Vgl. http://www.sundra.eu/malen-im-dialog, 11.07.2021,17:15 MEZ.

[4] Vgl. Farbdialog - KommunikationsART unter: https://www.margrit-galonska.de/farbdialog.html, 11.07.2021,17:45 MEZ.



1. GRAFISCH-THERAPEUTISCHE GESTALTEN (Mareen Cordes)

 

Der Bereich des Grafisch-therapeutischen Gestaltens umfasst Methoden und Arbeitstechniken des Zeichnens. Anders als beim Malen und Plastizieren wird das Zeichnen in der vorliegenden Literatur oft nicht als spezielle Form der künstlerischen Therapie genannt, obgleich es ein ganz eigenes, vielfältiges und nicht zu unterschätzendes Gebiet innerhalb der Kunsttherapie darstellt. Insbesondere in Kombination mit anderen Therapien kann der gezielte Einsatz von Zeichentechniken sehr wirksam sein.[1]

 

Beim Zeichnen nimmt der Mensch die äußere Welt ganz bewusst wahr, da sowohl Grenzen als auch Formen und Bewegungen mit den Augen genau nachvollzogen werden müssen, um das Gesehene zeichnerisch wiedergeben zu können. Dementsprechend kann dem Zeichnen grundsätzlich eine ordnende und bewusstmachende Wirkungsweise zugesprochen werden.[2] Die dabei stattfindende Schulung der Sinneswahrnehmungen ist gerade in heutiger Zeit wichtiger denn je, da wir jeder Zeit mühelos alle Eindrücke bequem mit einer Kamera festhalten können. Somit wird die Umgebung in dem Moment, in dem wir sie erleben, meist nicht mehr so intensiv wahrgenommen, wie es früher einmal war und wie es während des Zeichnens geschieht.[3]

 

Der gezielte Einsatz von Zeichentechniken innerhalb der Therapie kann daher in vielen Fällen den Heilungsprozess unterstützen.

 

Methoden

2.1 Gegenständliches Zeichnen (Natur-Zeichnen)

Das gegenständliche Zeichnen, auch Natur-Zeichnen genannt, dient insbesondere der Sinnesschulung, da hierbei das Augenmaß für die richtigen Verhältnisse, Perspektive und Formensprache der Gegenstände geschärft wird. Durch die intensive Wahrnehmung, das Nachempfinden und Nacherschaffen der ausgewählten Gegenstände wird u. a. das Interesse für die äußere Welt und die Liebe für die Umgebung und Schönheit der Naturreiche geweckt. Die gezeichneten Gegenstände erhalten somit einen größeren Wert, der Mensch fängt an sie mehr zu schätzen und ihre Einzigartigkeit und Wahrheit wahrzunehmen. Durch das Nacherleben des Geschaffenen entsteht ein besserer Zugang zur eigenen Schöpferkraft und die Innenwelt wird nachhaltig bereichert. [4]

 

Technik:

Bevorzugt mit Blei- oder Farbstiften werden Gegenstände aus der Natur oder Dinge des alltäglichen Lebens zeichnerisch auf Papier nachempfunden. Hierbei ist es wichtig nur das tatsächlich Vorhandene wiederzugeben und die subjektive Interpretation zurückzuhalten. Für sehr träumerische Menschen ist es daher erforderlich zu erwachen und mit voller Konzentration konkret und objektiv sehen und wiedergeben zu lernen.[5]

 

Indikationen:

Diese Zeichenmethode kann u. a. bei Melancholie, Depressionen, Schizophrenie, Phobien, Psoriasis, Gedächtnisschwäche, Hysterie, Hypertonie, Parkinsonsche Krankheit und Wachstumsstörungen Linderung verschaffen.[6]

 

Beispiele: Eigene Zeichnungen

 

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[1] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 63 und vgl. Vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 19.

[2] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 45.

[3] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 63.

[4] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 64 und vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 45 und vgl. Mees-Christeller, Eva [u.a.]: Anthroposophische Kunsttherapie. Therapeutisches Zeichnen und Malen. Band 2, Verlag Urachhaus, 2003, S. 20.

[5] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 64.

[6] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 64 und vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 45 und vgl. Mees-Christeller, Eva [u.a.]: Anthroposophische Kunsttherapie. Therapeutisches Zeichnen und Malen. Band 2, Verlag Urachhaus, 2003, S. 20.



2.2 Flächiges Zeichnen (Kohle-Zeichnen)

Beim flächigen Zeichnen oder auch Kohle-Zeichnen setzt sich die zeichnende Person intensiv mit den beiden Polaritäten Hell und Dunkel bzw. Licht und Schatten und deren Dynamik auseinander, denn es ist das Ziel ein Bild zu erschaffen, in dem sich Finsternis und Licht begegnen. Dem Menschen wird während des Prozesses sehr deutlich, dass die Dunkelheit benötigt wird, um Licht zu kreieren. Um das Finstere zu gestalten und zu beherrschen ist sowohl Kraft als auch Mut erforderlich. Gezielt eingesetzt kann diese Methode sowohl Halt spenden, die Entscheidungsfindung anregen und sich positiv auf Ängste, die inneren Seelenkräfte und tief ins eigene moralische Empfinden eingreifend auswirken.[1]

 

Technik:

Mit der breiten Seite des Kohlestiftes lässt die zeichnende Person schwarz-graue Flächen auf dem Papier entstehen. Durch Reibung und Druck können immer dunklere Flächen geschaffen werden, die durch das Freilassen einiger Bereiche oder ein späteres Ausradieren starke Kontraste auf dem Papier erzeugen. Der/die Klient/in arbeitet hierbei ganz frei, ohne dass der/die Therapeut/in eingreift. Hierdurch wird der/die Klient/in darin gefördert, sich eigenständig mit den vorliegenden Problemen auseinanderzusetzen.[2]

 

Indikationen:

Positive Effekte können insbesondere bei Anämie-, Epilepsie- und Bronchitis-Patienten, Anorexia nervosa, Unsicherheit, Phobien, Depressionen und Angststörungen eintreten.[3]

 

Beispiele: Eigene Zeichnungen

 


[1] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 65 und 66; vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 46 und vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 7, Der Patient in der Praxis, Methoden- und Arbeitsblatt Nr. 18, Kohlebild, Ascol-College, 2020.

[2] Vgl. Ebd.

[3] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 65 und vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 24.



2.3 Dynamisches Zeichnen

Das dynamische Zeichnen gilt als die beweglichste aller Zeichenarten und wird daher auch als „musikalische“ Zeichenart beschrieben. Sie findet insbesondere dann Anwendung, wenn ein seelischer Ausgleich erzielt werden möchte. Positive Erlebnisse, die durch das dynamische Zeichnen erreicht werden können sind unter anderem das Empfinden von mehr Motivation und Lebensfreude, die Steigerung des Spieltriebes und der inneren und äußeren Beweglichkeit sowie das Lösen von Verschlossenheit. [1]

 

Technik:

Bei dem dynamischen Zeichnen kann mit unterschiedlichem Material gearbeitet werden (z. B.  Wachsmalstifte, Blei- oder Farbstifte). Durch das Zeichnen fließender, ineinandergreifender Linien entstehen rhythmische Bewegungsimpulse auf dem Papier, die sich auf den gesamten Körper auswirken können. Es empfiehlt sich daher im Stehen und mit schwungvollen Armbewegungen zu arbeiten. Der Stift wird zwischenzeitlich nicht abgesetzt, was dazu führt, dass die zeichnende Person sich selbst von der Linie leiten lässt, sich ganz in ihren Schwung hineingibt und regelrecht von ihrer Bewegung mitgetragen wird. Somit löst sich der Mensch zunehmend aus dem Statischen und wird selbst immer beweglicher. Das Tempo und der Kraftaufwand können dabei individuell angepasst werden. Während des Zeichnens werden innere Empfindungen in dem Auf und Ab der gezeichneten Linie erkennbar und es entstehen Bilder des Werdens und des Vergehens.[2]

 

Indikationen:

Wesentliche Anwendungsbereiche dieser Zeichenmethode sind daher unter anderem Verhärtungen, (psychische) Verkrampfung, Rheuma, Verstopfung, Sklerose, Angina, Sprach-(Stottern) und Schreib- oder Leseschwierigkeiten (Dyslexie), Stress und Nervosität sowie chronische Erkältung.[3]

 

Beispiele: Eigene Zeichnungen

 


[1] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 67 und71ff; vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 24 und 46; Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Kunstworkshop, Die Zeichnung in der Therapie, Power-Point Präsentation, Ascol-College, 2021; vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 6, Dreigliederung und Wesensgliederung, Methoden- und Arbeitsblatt Nr. 15, Dynamisches Zeichnen, Ascol-College, 2020.

[2] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 6, Dreigliederung und Wesensgliederung, Methoden- und Arbeitsblatt Nr. 15, Dynamisches Zeichnen, Ascol-College, 2020 und vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 71 ff.

[3] Vgl. Mees-Christeller, Eva: Heilende Kunst und künstlerisches Heilen. Anregungen für Kunsttherapeuten, Editon Verlag Die Pforte, 1996, S. 67 und71ff; vgl. Mees-Christeller, Eva: Kunsttherapie in der Praxis, Verlag Urachhaus, 1995, S. 24 und 46; Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Kunstworkshop, Die Zeichnung in der Therapie, Power-Point Präsentation, Ascol-College, 2021; vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 6, Dreigliederung und Wesensgliederung, Methoden- und Arbeitsblatt Nr. 15, Dynamisches Zeichnen, Ascol-College, 2020.



1. KÜNSTLERISCHE BIOGRAPHIEARBEIT (Mareen Cordes)

Darüber hinaus gibt es weitere Methoden und Arbeitstechniken, die kurz Erwähnung finden sollen. Diese sind u. a. das Schraffurzeichnen, das geometrische Zeichnen, das Formenzeichnen sowie das dynamische Tierkreiszeichnen.

 

Die Biographiearbeit wurde durch das von Rudolf Steiner begründete anthroposophische Menschenbild sowie der sich daraus abgeleiteten „moralischen Technik“ von Bernhard Lievegoed geprägt und existiert seit Mitte der 70er Jahre.[1]

 

Das Wort Biographie stammt aus dem Altgriechischen und ist eine Kombination aus den Begriffen Bios = Leben und Graphie = ritzen/malen/schreiben. Unter der Biographie wird die Darstellung der Lebensgeschichte eines Menschen in mündlicher, schriftlicher oder bildnerischer Form verstanden.[2]

Biographiearbeit unterstützt Menschen u. a. bei der Sinnfindung, bei der Suche nach der ganz individuellen Wahrheit und der eigenen Identität. Sie soll dabei helfen, die Sprache der eigenen Lebensgeschichte besser zu verstehen. Bei der Betrachtung der eigenen Biographie wird sowohl Vergangenes, Gegenwärtiges als auch Zukünftiges berücksichtigt. Der Blick in die Vergangenheit dient der Lebensbilanzierung, der Blick in die Gegenwart dient der Lebensbewältigung und der Blick in die Zukunft dient der Lebensplanung. Mithilfe der Biographiearbeit lernt der Mensch sein eigenes Leben aus einer sogenannten Metaebene zu betrachten, er selbst wird objektiver Betrachter des Erlebten und erlangt ein tieferes ganzheitliches Verständnis über sein Leben, den vorhandenen Gesetzmäßigkeiten und individuellen Lebensaufgaben. Somit kann er selbst Erforscher seiner eigenen Lebensgeschichte werden. Hindernisse, Mängel, Defizite und Schwierigkeiten als auch Stärken, Potenziale und Ressourcen werden durch die intensive Auseinandersetzung klarer und psychische und soziale Konflikte können aufgearbeitet und überwunden werden. Die gewonnenen Erkenntnisse führen zu einem besseren Zugang zum eigenen kreativen Potenzial, Schöpferkräfte werden freigesetzt und Lebensaufgaben können besser bewältigt werden.[3]

 

Der/Die Therapeut/in unterstützt den Prozess durch eine neutrale und zurückhaltende Haltung und indem er/sie Anregungen in einem freien und partnerschaftlichen Gespräch gibt. Dem/Der Klienten/Klientin ist dabei völlig frei gelassen, was er/sie preisgeben möchte und wie er/sie mit den gewonnenen Erkenntnissen umgehen möchte.[4]

Biographiearbeit kann in jedem Lebensalter eingesetzt werden und wertvolle Erkenntnisse liefern, denn es handelt sich im Grunde um einen Prozess des Bewusstwerdens, der unter anderem von den folgenden Fragen geleitet wird: „Wer bin ich in dem vielfältigen Kontext meiner Prägungen?“ und „wer will ich werden, welche Zukunftsvision soll durch mein Dazutun einmal Realität sein?“[5]

 

Nachfolgend werden zwei ausgewählte Methoden vorgestellt, die einen Einblick geben wie Biographiearbeit künstlerisch umgesetzt werden kann.

 

Methoden

3.1 Die Lebenslinie

Die Lebenslinie wird in der Anthroposophischen Kunsttherapie dazu genutzt, biographische Konflikte und Störungen aufzuarbeiten, indem der/die Klient/in sich künstlerisch mit dem eigenen Lebenslauf auseinandersetzt. Die Lebenslinie ermöglicht letztendlich einen Überblick über zentrale Höhen und Tiefen der eigenen Lebensgeschichte bezugnehmend auf die einzelnen Lebensjahre. Der Fokus liegt hierbei auf der Arbeit mit dem ICH.[6]

 

Technik:

Zunächst wird der/die Klient/in in einem Setting auf das Thema eingestimmt. Im Anschluss wird mit der Umsetzung begonnen. Benötigte Materialien sind ein min. DINA3 großes Papier, Fotos, Postkarten (bei Bedarf) und je nach Bedarf Farbstifte, Pastellkreiden oder Wachsmalstifte (nach vorheriger Auswahl durch den/die Kunsttherapeuten/Kunsttherapeutin).[7]

 

Auf der horizontalen X-Achse werden die Lebensjahre für den Zeitverlauf darstellt (von Geburt bis zum aktuellen Datum). Die Y-Achse zeigt die Bewertung des Erlebten an (z. B. wenig und viel, negativ und positiv oder gut und schlecht). Positive Erlebnisse werden demnach im oberen Teil der Y-Achse eingezeichnet und negativ erlebte Ereignisse spielen sich eher im unteren Teil der Y-Achse ab. Indem die verschiedenen Ereignisse miteinander verbunden werden, entsteht i. d. R. eine wellenartige Linie. Durch den Einsatz unterschiedlicher Farben kann ebenfalls eine Unterteilung in verschiedene Themen erfolgen, wie z. B. „Stimmung“, „Geld“, und „Freiheit“.

Ereignisse, die der/die Klient/in als besonders prägend empfunden hat, können deutlicher hervorgehoben werden (z. B. mit Hilfe von Postkarten, Symbolen oder Fotos). Diese besonderen Erlebnisse können ggfs. Ausgangspunkt für eine neue Zeichnung werden und somit im Nachgang genauer betrachtet werden. Während der/die Klient/in die Lebenslinie vorstellt gibt der/die Kunsttherapeut/in Anregungen hierzu in einem freien und partnerschaftlichen Gespräch. Im Laufe dieses Prozesses können eigene Schwächen, Defizite, Schwierigkeiten, Mängel und auch Stärken wahrgenommen werden und an positiven, zukunftsweisenden Ressourcen gearbeitet werden.[8]

 

Indikationen:

Die Arbeit mit der Lebenslinie findet insbesondere bei biographischen Sinnkrisen bei Personen aller Altersklassen Anwendung.[9]

 

Beispiel: Eigene Zeichnung

 


[1] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 2, Biographiearbeit in Beratung, Pädagogik und Psychologie, Handout, Ascol-College, 2020.

[2] Vgl. Ebd.; vgl. Dr. med. Hofmeister, Susanne: Mein Lebenshaus hat viele Räume. Die eigene Biographie verstehen und dem inneren Ruf folgen, Kösel-Verlag, 2. Auflage, 2020, S. 10.

[3] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 2, Biographiearbeit in Beratung, Pädagogik und Psychologie, Handout, Ascol-College, 2020.

[4] Vgl. Ebd.

[5] Vgl. Dr. med. Hofmeister, Susanne: Mein Lebenshaus hat viele Räume. Die eigene Biographie verstehen und dem inneren Ruf folgen, Kösel-Verlag, 2. Auflage, 2020, S. 29.

[6] Vgl. Schadow, Alexander: Studiengang Künstlerische Therapie, Lektion 2, Biographiearbeit in Beratung, Pädagogik und Psychologie, Handout und Methodenblatt 40, Ascol-College, 2020.

[7] Vgl. Ebd.

[8] Vgl. Ebd.

[9] Vgl. Ebd.



3.2 Die Biographiearbeit im Lebenshaus (BIL)® (n. S. Hofmeister)

„Im Lebenshaus wird Zeit zum Raum“[1]

 

Die Biographiearbeit im Lebenshaus (BIL)® wurde von Dr. med. Susanne Hofmeister entwickelt. Wie in dem nachfolgenden Bild zur Biographiearbeit im Lebenshaus® (BIL) ersichtlich ist, wird bei dieser Methode die individuelle Lebensgeschichte eines Menschen in Form eines Hauses dargestellt. Die Lebenszeit unterteilt sich hierbei auf drei Ebenen des Hauses in dreimal drei thematisch geordnete Räume über jeweils sieben Jahre (Jahrsiebte). Für jedes Jahrsiebt werden durch Fr. Dr. med. Susanne Hofmeister bestimmte, allgemeingültige Entwicklungsthemen beschrieben.[1][2]

 

Beginnend mit der ersten Ebene des Lebenshauses, dem Erdgeschoss, richtet sich der Blick auf die ersten drei Jahrsiebten des Lebens. In dieser wesentlichen und sehr prägenden Zeit des Lebens steht die leibliche Entwicklung des Menschen im Vordergrund und es entsteht das Fundament, auf dem der Mensch sein weiteres Leben aufbaut. In den ersten 21 Jahre des Lebens verspürt der Mensch eine starke Verbundenheit zur Umgebung und ist vom Empfangen und Nehmen abhängig. Hier liegen sowohl zentrale Kraftreserven als auch Krafträuber verborgen.[1]

 

Das Kernthema der zweiten Ebene, der Beletage, ist die seelischen Entwicklung. Es wird davon ausgegangen, dass sich der Mensch im vierten Jahrsiebt hauptsächlich von seinen Gefühlen leiten lässt. Die Empfindungsseele kann mit den Lehr- und Wanderjahren des Lebens verglichen werden, in denen viele neue Erfahrungen gesammelt werden, die das eigene Leben und den Charakter beeinflussen. Das fünfte Jahrsiebt wird insbesondere von der Verstandesseele geprägt. Es ist eine Zeit in der der Mensch sich erprobt, sesshaft wird und langsam im Leben ankommt. Die Bewusstseinsseele bestimmt schließlich das sechste Jahrsiebt des Lebens. Mit der Lebensmittekrise kann der Mensch an Grenzen stoßen, ist aber gleichzeitig auch offen für neue Lösungen und in der Lage Krisen als Chance zu nutzen.[2]

 

Das Dach-Atelier, also die dritte Ebene des Lebenshauses betrachtet die Zeit der Ich-Verwirklichung, es geht um die eigene wahre Authentizität. Im siebten Jahrsiebt beginnen sich die Leibeskräfte immer mehr aus dem menschlichen Körper zurückzuziehen. Sie stehen nun zur Verfügung, um in Weisheit umgewandelt zu werden. Auf körperlicher Ebene findet der Alterungsprozess statt, der Mensch ist außerdem bereit in diesem Lebensabschnitt mehr zu geben. Im achten Jahrsiebt entwickelt der Mensch mehr und mehr seine eigene Führungskraft und pflegt neue Gewohnheiten wohingegen das neunte Jahrsiebt danach ruft, sich neuen Herzensthemen zu widmen. In dieser Zeit kann auch eine besondere Form der Güte erlebt werden. [3]

 

Ab 63 Jahren befindet sich der Mensch in der Dachgaube. Nachdem alle „Pflichten“ des Lebens erbracht sind, steht nun die „Kür des Lebens“ bevor. Eine neue Unbeschwertheit wird fühlbar sowie die Fähigkeit und der Wille sich mit sich selbst zu versöhnen. Die Chance dieses Lebensabschnittes liegt darin, dem eigenen Ruf zu folgen und sich dem zukünftigen Ich zuzuwenden.[4]

 

Für die kreative Gestaltung des Lebenshauses können beispielsweise bestimmte Symbole oder Farben genutzt werden. Mögliche Fragen, die bei der Gestaltung helfen können, sind z. B. „Bin ich allein in dem Raum oder befinden sich andere Menschen mit mir dort?“, „Wie fühle ich mich in diesem Raum?“ oder „Möchte ich für diesen Raum eher helle oder dunkle Farben verwenden?“.

 

Durch die Einbettung der jeweiligen Lebensabschnitte in die verschiedenen Räume das Lebenshauses und deren bildnerische Darstellung kann nicht nur eine bessere Übersicht und Ordnung der eigenen Lebensgeschichte entstehen, sondern es kann sich auch ein Gefühl von Sinnhaftigkeit einstellen. Der Mensch erhält einen besseren Überblick über eigene Grenzen, lernt sich selbst und andere Menschen besser einzuschätzen und traut sich eher zu seine Komfortzone zu verlassen und über sich hinauszuwachsen. Ebenfalls kann sich diese neue Sicht auf das eigene Leben positiv auf den Beruf auswirken, indem eine gewisse Führungskompetenz erlangt wird. Somit kann sich der gesamte Blick auf das eigene Leben nachhaltig verändern. [5]

 



[1] Vgl. Dr. med. Hofmeister, Susanne: Mein Lebenshaus hat viele Räume. Die eigene Biographie verstehen und dem inneren Ruf folgen, Kösel-Verlag, 2. Auflage, 2020, S. 12 und 13.

[2] Vgl. Ebd., S. 13-15.

[3] Vgl. Ebd.

[4] Vgl. Ebd.

[5] Vgl. Dr. med. Hofmeister, Susanne unter: Biographiearbeit im Lebenshaus® von Dr. med. Susanne Hofmeister (bil-akademie.de), 07.07.2021, 17:11 MEZ.

[6] Vgl. Weth, Urs: Lebendige Prozesse. Basel: Wirkstatt Verlag 2. Aufl. 2004, S. 118.

[7] Ebd., S. 129.

[8] Vgl. Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie BVAKT, Flyer Plastik pdf, unter: www.anthroposophische-kunsttherapie.de,10.07.2021, 14:20 MEZ.



Methoden

4.1 Platonische Körper

Der Platonische Körper gehört zu den Polyedern und besteht aus regelmäßigen Seitenflächen, die deckungsgleich sind. In der Therapie wurde der Platonische Körper bereits in den 1920er Jahren von Dr. Margarethe Hauschka eingeführt. Harald Hüttich entwickelte in den 1960er Jahren eine neue Vorgehensweise in der Therapie über die Formung der Platonischen Körper auf Basis einer Kugel. Der Fokus der Arbeit sollte nicht mehr im konstruktiven Denken liegen, sondern aus dem Inneren angeregt werden.[1]

 

Technik:

Die insgesamt fünf Platonischen Körper werden aus Tonerde mit den Handflächen zunächst zu einer Kugel geformt. Danach entstehen mittels spezieller Griffe über die Handinnenfläche und Handballen die einzelnen Körper. Während des Arbeitsprozesses werden die Formen betrachtet, korrigiert und detailgetreu ausgearbeitet.

Es bedarf somit einer hohen Koordination, die Eigenbeweglichkeit den Bedingungen des Materials anzupassen, der Arbeitsprozess kann intensiv erlebt werden.[2]

 

Indikationen:

Die Art der Übungen erfordert ein hohes Maß an Konzentration und Aufmerksamkeit. Sie fordern die Konzentrationsfähigkeit, Orientierung, Struktur und Klarheit im Denken.[3] Vornehmlich werden sie eingesetzt bei Menschen mit Angsterkrankungen, Psychosen und Menschen, die unter schweren Belastungen leiden. Hier kann eine Intervention auf das Überangebot von Erinnerungen und inneren Bildern beim Patienten erfolgen. Der/die Patient/in wird angeleitet wieder die Kontrolle über seine/ihre inneren Bilder zu erlangen.[4]

 

Beispiel: Eigene Plastiken

 


[1] Vgl. Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie BVAKT unter: www.anthroposophische-kunsttherapie.de/anthro-medizin/kunsttherapie/wegbereiter/112-harald-huettich.html, 10.07.2021, 18:17 MEZ.

[2] Vgl. Dreyer, Maya: Therapeutisches Plastizieren, Gedanken und Erfahrungen, Hg: Berufsverband für Künstlerische Therapie auf Anthroposophischer Grundlage e.V., In: PRISMA für Künstlerische Therapie Nr.1, 1993, S. 2ff.

[3] Vgl. http://www.monika-heidger.de/platonische_koerper.html, 10.07.2021, 19:30 MEZ.

[4] Vgl. Vergl. Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie BVAKT, Flyer Platonische Körper aktuell pdf, unter: www.anthroposophische-kunsttherapie.de,10.07.2021, 19:20 MEZ.



4.2 Plastizieren als Leiberfahrung

Beim Plastizieren als Leiberfahrung nimmt der Patient sich und seinen Körper bewusst in seinen Proportionen wahr. Es entsteht durch die Arbeitsweise eine Verbindung mit dem eigenen Körper, durch das innerliche Erspüren der Proportionen und die Verbindung mit dem Material wird die Atmung gelöst und Wärme dringt in den Körper.[1]

 

Technik:

Der Patient erarbeitet im Stehen mit geschlossenen Augen aus Tonerde eine Säule in der Länge seines Unterarmes. Dann gestaltet er den Körper indem er Wölbungen und Höhen einarbeitet (konkave und konvexe Formen). Dieses Ausarbeiten sorgt für Tiefenentspannung und löst die Atmung. Nach Entstehen dieser Grundform wird die Figur mit offenen Augen ausgeformt und zu einer bewussten Plastik gestaltet.[2]

 

Indikationen:

Das Plastizieren als Leiberfahrung zeigt sich als erfolgreich bei Patienten mit Krebserkrankungen oder schweren Depressionen. Durch das Formen einer Tongestalt können eigene innere Lebenskräfte spürbar gemacht und wieder mobilisiert werden. Das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein kann wieder gestärkt werden.

 

Beispiel: Eigene Plastik

 


[1] Vgl. Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie BVAKT, Flyer Plastizieren als Leiberfahrung pdf, unter: www.anthroposophische-kunsttherapie.de,10.07.2021, 20:05 MEZ.

[2] Vgl. Ebd.


Literaturverzeichnis

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Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e. V. (BVAKT), 2021, unter: https://www.anthroposophische-kunsttherapie.de/anthro-medizin/fachbereiche/fachbereich-malerei.html, Flyer BVAKT Platonische Körper aktuell.pdf, 10.07.2021, 19:20 MEZ.

Berufsverband für Anthroposophische Kunsttherapie e. V. (BVAKT), 2021, unter: https://www.anthroposophische-kunsttherapie.de/anthro-medizin/fachbereiche/fachbereich-malerei.html, Flyer BVAKT Plastizieren als Leiberfahrung.pdf, 10.07.2021, 20:05 MEZ.

 

Dreyer, Maya: Therapeutisches Plastizieren, Gedanken und Erfahrungen. Hg: Berufsverband für Künstlerische Therapie auf Anthroposophischer Grundlage e.V.. In: PRISMA für Künstlerische Therapie Nr.1, Herdecke 1993

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